Auch 74 Jahre nach Beendigung des 2. Weltkrieges ringen Opfer des verbrecherischen Naziregimes um Anerkennung und Versöhnung. Sie wollen wahrgenommen werden, ihr Schicksal und ihr Leid soll nicht unbemerkt bleiben. Am 24. Juli wurde deshalb in Neustift eine Gedenkstele für eine Gruppe der unschuldigsten Opfer der NS-Gewaltherrschaft enthüllt, für gestohlene Kinder aus Slowenien.
Im April 1941 wurde der größte Teil des slowenischen Gebiets vom nationalsozialistischen Deutschland besetzt. Die ethnische Gruppe der Slowenen und deren Kultur sollte verschwinden. Etwa 65 000 Menschen wurden vertrieben, die verbliebenen sollten germanisiert werden. So wurde z.B. auch die slowenische Sprache verboten. Tausende Mitglieder von Widerstandsbewegungen bzw. Partisanen, aber auch slowenische Bürger die der Unterstützung des Widerstandes verdächtigt wurden, wurden in Konzentrationslager deportiert oder ohne Gerichtsverfahren hingerichtet. Sogar deren unbeteiligte Familienmitglieder wurden verhaftet und verschleppt.
Etwa 600 Kinder wurden dabei ihren Eltern entrissen und von ihren Angehörigen getrennt. Sie sind unter dem Namen gestohlene Kinder bekannt. Im Sommer und Herbst 1942 brachte man sie in Lager, die über das ganze damalige Deutsche Reich verteilt waren. Dort wollte man sie zu Deutschen machen.
Eines dieser Lager war im Kloster Neustift. Die Schwestern mussten dafür Räume zur Verfügung stellen und beteiligten sich an der Versorgung der Mädchen und Buben. Sie blieben bis Juni 1944 in Neustift.
Das Leid der gestohlenen Kinder war mit dem Ende des Krieges und der Naziherrschaft nicht vorbei. Ein großer Teil ihrer Eltern und Angehörigen war in den Konzentrationslagern ermordet worden, die Kinder mussten nun eltern- und heimatlos ihr Leben meistern.
Zum Gedenken an das Schicksal dieser Kinder und als Mahnung wurde im Garten vor der Klosterkirche eine Gedenkstele aufgestellt und am 24. Juli feierlich enthüllt.

Priorin Sr. M. Helene Binder begrüßte H.H. Abt em. Christian Schütz, Herrn Stefan Lang den ersten Bürgermeister der Gemeinde Ortenburg sowie den zweiten Bürgermeister Herrn Ludwig Nothaft, den Künstler Herrn Christian Zeitler, die Schulleitung der Columba-Neef-Realschule mit Rektorin Frau Beatrix Kröninger und Konrektor Herrn Michael Trapp, einen Vertreter der Presse, die Schwestern vom Kloster Neustift und alle, die durch ihr Kommen ihre Betroffenheit und ihre Anteilnahme zum Ausdruck brachten.
Ganz besonders begrüßte sie Herrn Prof. Dr. Janez Zmavc, den Vorsitzenden des Vereins "Lagerinsassen - Gestohlene Kinder". Er hat durch seine Initiative maßgeblich dazu beigetragen, dass in den ehemaligen Lagern und nun auch in Neustift diese Gedenktafeln angebracht werden konnten. Mit ihm waren Frauen und Männer aus Slowenien angereist, die zu diesen gestohlenen Kindern gehörten.
Subpriorin Sr. M. Gabriele Kren betonte die Wichtigkeit der Gedenkstele. Die Erinnerung an das Schicksal der Kinder soll stets präsent bleiben.
Prof. Dr. Zmavc begrüßte die Anwesenden in Deutsch und in seiner slowenischen Muttersprache, der Sprache, die in den Lagern verboten war, von den Insassen aber trotzdem heimlich gepflegt wurde. In bewegenden Worten erinnerte er an die Gewalt der deutschen Besatzer, besonders gegen Partisanen und Widerstandskämpfer. Das Leid darf nicht in Vergessenheit geraten, so sein Resümee. Mit der Gedenktafel in Neustift wurde die sechste dieser Art enthüllt. Sie soll uns nicht nur erinnern, sondern auch mahnen, dem Unrecht entgegenzutreten. Prof. Dr. Zmavc dankte, dass die Errichtung der Stele in Neustift ermöglicht wurde und zitierte ein Gedicht des großen slowenischen Dichters France Preseren:
"Es leben alle Völker,
die sehnend warten auf den Tag,
dass unter dieser Sonne
die Welt dem alten Streit entsag.
Frei sei dann
Jedermann,
nicht Feind, nur Nachbar mehr fortan."
Die heutige Mädchenrealschule wurde zum Teil auf den Fundamenten des ehemaligen Lagers gebaut. Herr Trapp, Konrektor der Columba-Neef-Realschule und Lehrer für Geschichte spannte in einer kurzen Ansprache den Bogen zur Gegenwart, indem er sagte: "Mit der Stele ist nun etwas geschaffen worden, das nicht wegdiskutiert und nicht versteckt werden kann. Sie erinnert stetig und dauerhaft an die schrecklichen Verbrechen während des 2. Weltkrieges. Das ist auch gerade in der aktuellen Zeit wichtig, in der die Verbrechen der NS-Vergangenheit von vielen Populisten kleingeredet oder geleugnet werden. Gerade deshalb muss es Aufgabe von Schule sein, diese hetzerischen Lügen zu widerlegen und den Schülerinnen die wahre Bilanz der NS-Gewaltherrschaft nahe zu bringen." Des Weiteren beschrieb Herr Trapp, wie er das Schicksal der verschleppten Kinder im Geschichtsunterricht der 9. Klassen thematisiere.
Nach der Enthüllung der Stele durch Priorin Sr. Helene, sprach der Künstler Herr Christian Johannes Zeitler, der die Stele geschaffen hat. Sie ist, so Herr Zeitler, aus Granit gearbeitet, der aus einem Steinbruch in Flossenbürg stammt, der Teil eines Arbeitslagers des Naziregimes war. Viele Besonderheiten, vor allem aber der schräge Schnitt, der eine Verbeugung andeutet, sollen den Respekt vor den Opfern ausdrücken.
Altabt Dr. Christian Schütz erbat für die Gedenkstele Gottes Segen. Sichtlich bewegt bat er stellvertretend um Vergebung für die Gräueltaten, die an unschuldigen Menschen verübt wurden.
Es war ein ebenfalls sehr bewegender Moment, als zwei Frauen und ein Mann, die zu den Kindern des Lagers in Neustift gehörten, gemeinsam einen Kranz niederlegten.
Sr. Gabriele dankte zum Schluss allen, die gekommen waren, vor allem Herrn Prof. Dr. Zmavc und den Damen und Herren, die aus Slowenien angereist waren.
Hier wurde ein Zeichen der Versöhnung und der Verständigung gesetzt.

Herr Prof. Dr. Janez Zmavc bei seinen Ausführungen. Rechts neben ihm eine Dame, die als Kind in Neustift war.

Konrektor Michael Trapp

Priorin Sr. Helene Binder bei der Enthüllung der Stele

Der Künstler Christian Zeitler

Kranzniederlegung durch drei ehemalige Kinder des Lagers in Neustift

Altabt Dr. Christian Schütz beim Segnen der Stele
Im April 1941 wurde der größte Teil des slowenischen Gebiets vom nationalsozialistischen Deutschland besetzt. Die ethnische Gruppe der Slowenen und deren Kultur sollte verschwinden. Etwa 65 000 Menschen wurden vertrieben, die verbliebenen sollten germanisiert werden. So wurde z.B. auch die slowenische Sprache verboten. Tausende Mitglieder von Widerstandsbewegungen bzw. Partisanen, aber auch slowenische Bürger die der Unterstützung des Widerstandes verdächtigt wurden, wurden in Konzentrationslager deportiert oder ohne Gerichtsverfahren hingerichtet. Sogar deren unbeteiligte Familienmitglieder wurden verhaftet und verschleppt.
Etwa 600 Kinder wurden dabei ihren Eltern entrissen und von ihren Angehörigen getrennt. Sie sind unter dem Namen gestohlene Kinder bekannt. Im Sommer und Herbst 1942 brachte man sie in Lager, die über das ganze damalige Deutsche Reich verteilt waren. Dort wollte man sie zu Deutschen machen.
Eines dieser Lager war im Kloster Neustift. Die Schwestern mussten dafür Räume zur Verfügung stellen und beteiligten sich an der Versorgung der Mädchen und Buben. Sie blieben bis Juni 1944 in Neustift.
Das Leid der gestohlenen Kinder war mit dem Ende des Krieges und der Naziherrschaft nicht vorbei. Ein großer Teil ihrer Eltern und Angehörigen war in den Konzentrationslagern ermordet worden, die Kinder mussten nun eltern- und heimatlos ihr Leben meistern.
Zum Gedenken an das Schicksal dieser Kinder und als Mahnung wurde im Garten vor der Klosterkirche eine Gedenkstele aufgestellt und am 24. Juli feierlich enthüllt.
Priorin Sr. M. Helene Binder begrüßte H.H. Abt em. Christian Schütz, Herrn Stefan Lang den ersten Bürgermeister der Gemeinde Ortenburg sowie den zweiten Bürgermeister Herrn Ludwig Nothaft, den Künstler Herrn Christian Zeitler, die Schulleitung der Columba-Neef-Realschule mit Rektorin Frau Beatrix Kröninger und Konrektor Herrn Michael Trapp, einen Vertreter der Presse, die Schwestern vom Kloster Neustift und alle, die durch ihr Kommen ihre Betroffenheit und ihre Anteilnahme zum Ausdruck brachten.
Ganz besonders begrüßte sie Herrn Prof. Dr. Janez Zmavc, den Vorsitzenden des Vereins "Lagerinsassen - Gestohlene Kinder". Er hat durch seine Initiative maßgeblich dazu beigetragen, dass in den ehemaligen Lagern und nun auch in Neustift diese Gedenktafeln angebracht werden konnten. Mit ihm waren Frauen und Männer aus Slowenien angereist, die zu diesen gestohlenen Kindern gehörten.
Subpriorin Sr. M. Gabriele Kren betonte die Wichtigkeit der Gedenkstele. Die Erinnerung an das Schicksal der Kinder soll stets präsent bleiben.
Prof. Dr. Zmavc begrüßte die Anwesenden in Deutsch und in seiner slowenischen Muttersprache, der Sprache, die in den Lagern verboten war, von den Insassen aber trotzdem heimlich gepflegt wurde. In bewegenden Worten erinnerte er an die Gewalt der deutschen Besatzer, besonders gegen Partisanen und Widerstandskämpfer. Das Leid darf nicht in Vergessenheit geraten, so sein Resümee. Mit der Gedenktafel in Neustift wurde die sechste dieser Art enthüllt. Sie soll uns nicht nur erinnern, sondern auch mahnen, dem Unrecht entgegenzutreten. Prof. Dr. Zmavc dankte, dass die Errichtung der Stele in Neustift ermöglicht wurde und zitierte ein Gedicht des großen slowenischen Dichters France Preseren:
"Es leben alle Völker,
die sehnend warten auf den Tag,
dass unter dieser Sonne
die Welt dem alten Streit entsag.
Frei sei dann
Jedermann,
nicht Feind, nur Nachbar mehr fortan."
Die heutige Mädchenrealschule wurde zum Teil auf den Fundamenten des ehemaligen Lagers gebaut. Herr Trapp, Konrektor der Columba-Neef-Realschule und Lehrer für Geschichte spannte in einer kurzen Ansprache den Bogen zur Gegenwart, indem er sagte: "Mit der Stele ist nun etwas geschaffen worden, das nicht wegdiskutiert und nicht versteckt werden kann. Sie erinnert stetig und dauerhaft an die schrecklichen Verbrechen während des 2. Weltkrieges. Das ist auch gerade in der aktuellen Zeit wichtig, in der die Verbrechen der NS-Vergangenheit von vielen Populisten kleingeredet oder geleugnet werden. Gerade deshalb muss es Aufgabe von Schule sein, diese hetzerischen Lügen zu widerlegen und den Schülerinnen die wahre Bilanz der NS-Gewaltherrschaft nahe zu bringen." Des Weiteren beschrieb Herr Trapp, wie er das Schicksal der verschleppten Kinder im Geschichtsunterricht der 9. Klassen thematisiere.
Nach der Enthüllung der Stele durch Priorin Sr. Helene, sprach der Künstler Herr Christian Johannes Zeitler, der die Stele geschaffen hat. Sie ist, so Herr Zeitler, aus Granit gearbeitet, der aus einem Steinbruch in Flossenbürg stammt, der Teil eines Arbeitslagers des Naziregimes war. Viele Besonderheiten, vor allem aber der schräge Schnitt, der eine Verbeugung andeutet, sollen den Respekt vor den Opfern ausdrücken.
Altabt Dr. Christian Schütz erbat für die Gedenkstele Gottes Segen. Sichtlich bewegt bat er stellvertretend um Vergebung für die Gräueltaten, die an unschuldigen Menschen verübt wurden.
Es war ein ebenfalls sehr bewegender Moment, als zwei Frauen und ein Mann, die zu den Kindern des Lagers in Neustift gehörten, gemeinsam einen Kranz niederlegten.
Sr. Gabriele dankte zum Schluss allen, die gekommen waren, vor allem Herrn Prof. Dr. Zmavc und den Damen und Herren, die aus Slowenien angereist waren.
Hier wurde ein Zeichen der Versöhnung und der Verständigung gesetzt.
Herr Prof. Dr. Janez Zmavc bei seinen Ausführungen. Rechts neben ihm eine Dame, die als Kind in Neustift war.
Konrektor Michael Trapp
Priorin Sr. Helene Binder bei der Enthüllung der Stele
Der Künstler Christian Zeitler
Kranzniederlegung durch drei ehemalige Kinder des Lagers in Neustift
Altabt Dr. Christian Schütz beim Segnen der Stele