Generalpriorin Helene Binder berichtet uns Schwestern regelmäßig von ihren Erlebnissen und Eindrücken in Madagaskar. Wir möchten Sie gerne daran teilhaben lassen.
Samstag, 22. April
Sr. Elsy hat uns heute morgen nach dem Frühstück erzählt, dass sie schon vier Gemeinschaften für einige Zeit hier im Orphelinat quasi durchgangsweise hier aufgenommen hat, z.B. die Brüder von St. Gabriel. Die haben einige Jahre hier gewohnt, bevor sie ihr Kloster gleich nebenan gebaut haben. Auch Schwestern von der Barmherzigkeit waren hier, bevor sie sich in der Ortschaft Anjomakely niedergelassen haben. Die anderen zwei Gemeinschaften habe ich mir nicht gemerkt.
Für uns ist heute ist ein Einkaufstag geplant. Sr. Julia und Sr. Fabienne werden von einem Verwandten von Sr. Fabienne abgeholt und nach Tana zum Einkaufen chauffiert und dort auch von ihm begleitet und beraten. Es ist noch allerhand für den Haushalt in unserem kleinen Häuschen zu besorgen: Kochtöpfe, Pfanne, Kocher, Schüsseln, Kleiderbügel, Klopapier, Reinigungsmittel etc. Auch Wandspiegel für die Schwesternzimmer.
Unsere beiden Schwestern meinen, dass es besser ist, wenn wir Europäerinnen nicht dabei sind. Sie wollen heute auf madagassische Weise einkaufen, an kleinen Ständen, wo man keine festen Preise hat, sondern verhandelt. Und da würde die Anwesenheit von Europäerinnen die Preise gleich um mindestens das Doppelte steigen lassen. Aufgrund des erwarteten und befürchteten Staus am Samstag in Antananarivo werden sie sicher den ganzen Tag für ihre Einkäufe brauchen.
M. Mirjam und ich gehen derweil am Vormittag zu den Brüdern, weil die WLAN haben, und stellen übers WLAN den ersten Kontakt mit unseren Schwestern in Europa her. Ich kann meinen ersten Rapport per E-Mail verschicken und auch Fotos von den ersten zwei Tagen. Dann holen wir uns aus unserem gut mit Wasser versorgten Häuschen mit Eimern Regenwasser für unsere Toiletten-spülung. Dann lassen wir uns ein halbes Stündchen vor dem Hauseingang von der wunderbar warmen Sonne Madagaskars bescheinen. Das geht gut vor dem Eingang unseres Häuschens, weil da kein Durchgangsverkehr ist.
Am Nachmittag beginnen wir nach einer langen Siesta den Brief an den Bischof, den M. Mirjam inzwischen begonnen hat zu entwerfen, durchzusprechen. Wir müssen ja beim Bischof die Genehmigung für die Errichtung einer Niederlassung in seiner Diözese einholen. Und in einem zweiten Brief die Genehmigung dafür, dass wir das Allerheiligste in unserer Hauskapelle aufbewahren dürfen. P. Leonce hat uns für den nächsten Mittwoch Nachmittag einen Gesprächstermin bei Bischof Odon von Antananarivo organisiert. Bis dahin müssen wir unsere Anfragen fertig haben. Wir wollen sie in Französisch und Malagasy verfertigen.
Kurz vor fünf Uhr kommen Sr. Julia und Sr. Fabienne vom Einkauf zurück. Sie haben wirklich das ganze kleine Auto vollgestopft mit allen möglichen Alltags-Gebrauchs-Gegenständen (Besen, Putzlappen, Kochtöpfe, Kleiderbügel, Klobürstenhalter, Teller, Schüsseln, Gläser, Spiegel etc.) Dann fürs erste die notwendigsten Nahrungsmittel (Reis, Öl, Wasser in Flaschen, Gewürze usw.). Wir helfen ihnen noch kurz, all die Sachen reinzutragen. Dann gehen wir in die Kirche des Orphelinats. Dort beten sie gerade den Rosenkranz auf Französisch und um ca. 18.00 Uhr beginnt die Messe hier mit P. Eduard, einem MEP (Missionaire etranger de Paris), der hier regelmäßig das Wochenende über hier ist und die Messen mit Kindern und Schwestern feiert. Das ist der, der nur Malagasy spricht, und mit niemandem Französisch, obwohl er Franzose ist. Nach der Messe sind wir alle von Sr. Elsy zum Abendessen im Speiseraum der Gemeinschaft eingeladen. Wir das sind: wir vier, dann die drei Schwestern der Gemeinschaft von Sr. Elsy hier (Sr. Elsy, Sr. Zarita und Sr. Eliane), dann Angeline, das ist die Vierge Consacre (Gottgeweihte Jungfrau), die hier als Lehrerin arbeitet und praktisch zur Gemeinschaft gehört, dann eine junge Frau, die hier auch Lehrerin ist (ich weiß den Namen nicht mehr) dann Pere Eduard und ein französisches Ehepaar, Lionel und Angeline, von der wohltätigen „Association Sourire de?“. Sie kommen von Vinaninony, wo sie Sr. Elsy unterstützen beim Aufbau eines Dispensaires. Wir hatten einen sehr lustigen, unterhaltsamen Abend, nachdem M. Mirjam den P. Eduard „geknackt“ hatte. Der sprach nämlich wieder nur malagasy mit Sr. Julia, obwohl ihm das französische Paar, Lionel und Angeline, gegenüber saßen. Dann hat ihn M. Mirjam auf das Hospital von P. Jean-Yves in Manansary angesprochen, das wir ja 2017 besichtigt hatten. Und von da ab ist er „aufgetaut“, hat in französisch erzählt, wie der Stand der Dinge dort ist (P. Jean-Yves ist ja auch ein MEP) und es wurde ein sehr netter Abend.
Sonntag, 23. April
Heute können wir um 11 Uhr in der Pfarrei an der Messe in französischer Sprache teilnehmen. Zuvor sind zwei Messen in Malagasy. Vor der Messe um 11 Uhr ist ab 10 Uhr öffentli-che Anbetung in der Anbetungskapelle der Pfarrei.
Nach dem Frühstück um 7 Uhr halten wir unsere Betrachtung und Anbetung. Danach gehe ich, solange es noch etwas kühler ist, mit M. Mirjam übers Gelände des Orphelinats, sie kennt es ja noch nicht. Wir werfen einen kurzen Blick in die beiden Gebäude mit den Schlaf-räumen der Kinder. Die Kinder sind jetzt alle in der Malagasy-Messe. Dann sehen wir, dass der Hausaufgabenraum verlegt worden ist in das Gebäude, wo im November noch die Bib-liothek war. Die Bibliothek ist jetzt im größeren Hausaufgaben- und Lerngebäude. In der „Küche“ ist um diese Zeit noch niemand, am Holzbackofen auch nicht, aber wir entdecken einen neu eingerichteten Lernraum für die älteren Schülerinnen, da sind vier gerade beim Frühstücken.
Dann gehen wir durch die landwirtschaftlichen Gebäude. Hühner sehen wir heute keine, dafür aber drei neue Schweine und acht junge Ferkel, die noch furchtbar ängstlich sind und panisch vor uns davonrennen und sich in eine Stallecke drücken. Wir kommen auch wieder bei den Kühen vorbei. Zwei sind seit November an einer Krankheit gestorben. Die fünf die noch da sind, sind für unsere Begriffe mitleid-erregend mager.
Super saftig und gepflegt ist dagegen der riesige Garten für das Gemüse: Bohnen, Karotten, Salat, Kräuter und vieles andere mehr gedeiht hier prächtig, ebenso in einem anderen gro-ßen Bereich die Sträucher und Bäume: Maniok, Weintrauben, Kaki, Ananas, Bananen, Pa-peias, Litschi, Mangos und andere Früchte, die wir in Europa gar nicht kennen. Wir be-kommen jeden Tag als Nachspeise mittags und abends eine Auswahl dieser köstlichen Früchte aus dem eigenen Garten.
Im großen überdachten Freiraum vor der Kirche des Orphelinats sind Lionel und Angeline von der Französischen Assoziation „Sourire (?)“. Angeline bereitet gerade schriftlich eine Yoga-Lehrstunde für die älteren Mädchen des Orphelinats vor, die sie ihnen geben will, wenn sie von der Kirche zurückkommen. Lionel spielt auf seiner Trompete zu einer mitge-brachten Hintergrundmusik wunderschöne meditative Stücke (er ist von Beruf Saxophon-lehrer). Wir setzen uns noch eine halbe Stunde dazu, das war sehr schön beschaulich und anrührend.
Um 10.40 Uhr startet Frere Gilbert, der Superior der Brüder, mit mir, M. Mirjam und Sr. Fabienne im Auto zur Pfarrei Anjomakely. Sr. Julia und Sr. Zarita gehen zu Fuß über den für mich gefürchteten Weg über die Reisfelder, das wollte mir der gute Bruder ersparen. Danke ihm!
Um 11 Uhr beginnt die Messe in französischer Sprache. Die ist für madagassische Verhältnisse schlecht besucht, das ist scheinbar immer so. Auch die Animation ist hier etwas mau, der Chor und die Band sind nicht so ganz „auf dem Damm“. Seit einigen Wochen haben sie hier in der Kirche einen großen supermodernen Bildschirm, auf dem sie die französischen Messtexte und die Texte der französischen Lieder sichtbar gemacht werden. Das ist sehr praktisch. Die Kollekte wird hier nicht in einem herumgereichten Körbchen eingesammelt, sondern man geht in Prozession wie zur Kommunion nach vorne, wo zwei große Körbe ste-hen, in die man seine Geldgabe hineinwirft. Zu meinem Erstaunen ist dann am Ende der Messe nochmal so eine Kollekte, man spendet also zweimal.
Als wir die Kirche verlassen hat es draußen 29 Grad und wir sind froh, dass uns Frere Gilbert auch wieder zurückfährt. Nach einem köstlichen Mittagessen, dass Sr. Eliane für uns und die Aspirantinnen zubereitet hat, brauchen wir eine längere Siesta. Sie dauert, bis uns Sr. Julia in ihr Häuschen holt, weil P. Lambert dort zu Besuch gekommen ist. Als wir im Novem-ber hier waren, war P. Lambert noch der Vize-Rektor der Katholischen Universität in Tana. Inzwischen ist er der Rektor geworden. Das ist eine riesige Aufgabe mit den ca. 2800 Stu-dentinnen und Studenten. Er bittet uns ums Gebet und lädt uns für Samstag zum Mittagessen ein. Er meint: wenn wir hier wirklich fest ein Kloster installieren wollen, sollten wir am Besten gleich einen Bauplan für unser Kloster entwerfen: wie viele Räume brauchen wir, was muss da sein (Kapelle, Speiseraum, wie viele Schlafräume, Klosterladen, Gästebereich etc.). Wenn man einen konkreten Plan hat, weiß man auch, wie viele Quadratmeter das Kloster braucht und wie viele Quadratmeter das Grundstück haben muss, auf dem wir das Kloster errichten. Er meint: wenn wir ein Haus kaufen, dann ist das nicht ausgerichtet die Bedürfnisse eine Klostergemeinschaft und man muss zuviel ändern, bzw. kriegt es gar nicht so hin, dass es ideal ist. Auch sicherheitstechnisch ist es besser, ein neues unbebautes Grundstück mit einer Mauer zu umgeben. Wenn man mitten im Ort ein Haus mietet oder kauft, wir man von allen Seiten beobachtet, und das ist hier in Madagaskar gefährlich.
Wir meinen, jetzt sofort mit einem Neubau zu beginnen, würde unsere zwei Schwestern momentan überfordern. Sie müssen jetzt ihre Mission hier klären (Anbetung, Gästeempfang etc.?), das ist momentan noch Herausforderung genug.
Auch sprechen wir mit ihm darüber, ob man ein eigenes Konto einrichten soll, oder ob die Visa-Karte ausreichend ist. Er meint, wenn, dann man müsse auf alle Fälle eine französische Bank wählen, keine madagassische. Aber er kennt sich da nicht so aus, verspricht aber, bei einem Bekannten nachzufragen. Wir denken, wir fahren zu einer Bank in und erkundigen uns selbst, was passt.
Gerade als er wegfährt, kommt Sr. Elsy noch vorbei, weil sie uns heute noch nicht gesehen hat. Als wir ein wenig plaudern, erzählt sie uns unter anderem, dass sie zurzeit drei Wochen im Monat in Vinaninony ist, um ein neues Dispensaire aufzubauen, und nur noch eine Wo-che hier im Orphelinat. Sie geht dorthin drei Stunden zu Fuß!
Wir sprechen auch über den Tabernakel, den wir ja noch bräuchten. Sie sagte, sie könnte uns den ihren mitsamt einem Ostensoire leihen, weil sie ja eben nur noch eine Woche im Monat hier in Anjomakely ist.
Auch sagte sie uns, dass sie nahe gelegen (fünf Minuten von hier) ein Grundstück mit einem Haus drauf wüsste, das evtl. für uns geeignet wäre. Das wollen wir uns morgen Nachmittag mit ihr anschauen.
Als es zu regnen beginnt, beschließen wir, die Vesper gemeinsam in unserem Häuschen zu singen (aus den französischen Ordnern). Weil die Kapelle ja noch nicht eingerichtet ist, ma-chen wir das im Refektorium. Wir hätten eigentlich sehr schön gesungen, aber der wolken-bruchartige Regen trommelt so dermaßen laut auf das Blechdach, dass wir unsere Worte und Töne die meiste Zeit nicht mehr hören können!
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