Heute geht unsere Zeit hier in Tulear zuende. Um 6:15 werden wir mit dem gesamten Gepäck von P. Raphael, dem Ökonomen der Diözese abgeholt und zum Propädeutikum gefahren. Das Propädeutikum ist eine Einrichtung von 9 Diözesen (der südlicheren) zur einjährigen Vorbereitung auf das Theologie-Studium. Hier nehmen wir an der Messe teil und nach einer kleinen Führung durch den “Noch-Direktor“ Père Alphonse frühstücken wir dort. Hier gibt’s zum Frühstück: Reis, Gurkensalat, gebratenes Fleisch, Spiegeleier, richtigen Kaffee (keinen Nescafe), Brot.
Um 8:15 Uhr fahren wir los und es geht 560 km lang Richtung Fianarantsoa. Irgendwo in der Mitte der Strecke machen wir eine Pause bei einem Priester. Wir essen das Essen, das uns dankenswerterweise die Schwester von Sr. Raphaeliah noch um 4 Uhr morgens zubereitet hat, weil die Priester meinen, dass das Essen auf der Strecke doch für uns verunreinigt sein könnte.
Auf der Fahrt erleben wir vom Autofenster aus gigantische Landschaften: im Süden noch sehr trocken, dann wird es mit der Zeit immer grüner. Doch die rote Erde bleibt auch auf dem Hochplateau. Dann kommt das Salomongebirge mit bizarren Felsformationen. Dann irgendwann kommt der „Aufstieg“ auf das Hochplateau, da geht es dann so ca. zwei Stunden lang nur noch bergauf. Es kommt jetzt wieder ein gewaltiger Temperatur-Umschwung: in Tulear hatte es etwa 30 Grad, es war immer sonnig und trocken. Hier oben hat es ungefähr nur 18 Grad und es regnet immer wieder (so eine Art Sprühregen). Und hier sind auch schon die ersten Reisfelder und große Viehherden – die gehören den Chinesen, wie uns der Bischof heute sagte.

Um 18:30 kommen wir bei den Assomptionisten an, bei denen wir die nächsten drei Tage wohnen werden. Wir haben schöne Zimmer auf dem Gang der Studenten und wir essen mit den Patres und Studenten. Es ist das Haus für ihre Studenten und es liegt in einem Viertel, in dem ein Kloster neben dem anderen ist. Gleich gegenüber ist das Priesterseminar, daneben die Filles de Charite, darunter die Lazaristen etc. …
24. November
Wir sind bei der Laudes der Assomptionisten, die sie auf Französisch beten und singen, aus dem selben Buch wie in Bellemagny. Die Messe wird an drei Tagen in der Woche in Französisch gelesen, auch heute, ansonsten in Malgasch, die Gesänge sind Malgasch, toll begleitet von Klavier, Trommel, Gitarre (je nachdem, wer da ist).
Wir frühstücken mit den Patres und Studenten: für uns gibt es auch Brot und Honig und hier auch Butter, die Madagassen essen Reis mit Fleisch und Gurken.
Schon früh am morgen kommt eine Schwester von Sr. Emmanueline zu uns. Sie arbeitet hier in Fianarantsoa seit 15 Jahren in der Blinden-Schule einer Ordensgemeinschaft mit blinden Kindern bis zu 10 Jahren. Sie kommt schon so früh, weil sie zur Arbeit muss und lädt uns für den nächsten Tag zum Mittagessen ein.
Am Vormittag fahren wir mit Pater Bosco, der als Begleiter für uns abgestellt ist, zum Kloster Marombe, das etwa 1 km von hier entfernt ist. Es ist das einzige Trappistenkloster hier in Madagaskar. Es wirkt wunderbar gepflegt und aufgeräumt. Sie haben eine sehr schöne Kirche mit u.a. einem sehr schönen Chorgestühl. Es gibt ein Gästehaus mit 30 Zimmern und drei Schlafsälen (übrigens ein extra Gästehaus für die Familien der Brüder). Im Kloster leben 34 Mönche und sie haben drei Novizen und vier Postulanten. Heute sind fast alle auf den Reisfeldern bei der Ernte, aber der Prior und zwei andere Patres sprechen mit uns. Zum Kloster gehört auch eine große Zahl von Rindern und Stieren. Es ist entstanden an dem Ort, wo einmal bei einem Krieg, als man zuerst die Stiere aufeinander los jagte, diese Stiere sich nicht bekämpften, sondern sich „umarmten“, und daraufhin haben auch die verfeindeten Menschen Frieden geschlossen. Deshalb sind jetzt noch neben dem Kirchturm zwei Stierköpfe zu sehen. Im Klosterladen gibt es Wein aus eigener Produktion, Paramente (Stolen), etc.
Die Mönche kennen unsere Schwestern Emmanueline, Sr. Marie-Claire, Sr. Agnes gut.
Nach einer langen Siesta haben wir einen Gesprächstermin beim Bischof Fulgence. P. Bosco bringt uns hin, wir brauchen für den Weg quer durch die Stadt etwa eine halbe Stunde. Die Straßen sind übervoll mit Menschen, besonders auch Kinder. Alles geht zu Fuß, weil es ja keine Metro, keinen Bus gibt, und die allermeisten kein Auto haben. Alle Einkäufe und alles was notwendig ist wird von den Frauen auf dem Kopf transportiert oder von Männern und Kinder auf eigenartigen kleinen vierrädrigen hölzernen Schubkarren, die übervoll bepackt sind mit allem möglichen (Holz, Wasserkanister, Futtergras, Stühle, Mehlsäcke etc.). Wir sind heute mind. an 40 bis 50 solcher Transportwagen vorbeigefahren. Fianarantsoa ist eine sehr bergige Stadt, es geht ständig steil bergauf und bergab. Und bergauf ist das Schieben besonders schwer, da sind sie meist zu zweit oder dritt, um es zu schaffen.
Das Gespräch mit dem Bischof ist gut verlaufen. Er hat uns unter anderem viel über die madagassische Politik, die Kirche, die Sekten und Moslems, die pastorale Entwicklung und die Ordensleute erzählt.

