View the embedded image gallery online at:
https://www.benediktinerinnen-der-anbetung.de/aktuelles/317-madagaskar-reisetagebuch,-teil-3#sigProId9739b59e2e
https://www.benediktinerinnen-der-anbetung.de/aktuelles/317-madagaskar-reisetagebuch,-teil-3#sigProId9739b59e2e

Priorin M. Helene in der letzten Nachricht aus Madagaskar:
"hier mein Rapport vom 8. November. Mit lieben Grüßen!"
8. November
Heute ist eine Wallfahrt angesagt. Wir fahren zum berühmten Heiligtum des Jesuiten Jaques Berthieu in der Ortschaft Ambiatibe.
Père Modeste, ein Priester, der in Tana eine Pfarrei hat, holt uns schon um 6.00 Uhr morgens ab, weil wir doch einen etwas langen Weg haben: erst nach Tana hinein und dann ca. 30 km auf der anderen Seite wieder hinaus. Unterwegs lassen wir in Antananarivo auch die Mutter von Sr. Julia zusteigen, und dann in einem kleinen Dorf auch einen Bruder von Sr. Julia, die uns begleiten.
Sr. Julia geht noch kurz zu Ihrer Familie in diesem Ort und ich spaziere inzwischen mit ihrer Mutter etwas herum. Wir kommen auch zu einer großen Schule, wo die Kinder im Pausenhof gerade sehr diszipliniert „aufmarschieren“. Da kommt eine sehr junge Ordensschwester auf uns zu und wir plaudern ein wenig. Die Schule gehört den Schwestern von St. Joseph de Cluny. Sie sind hier sechs Schwestern mit ungefähr 50 „Laien“-Lehrkräften, die circa 1200 Schülerinnen und Schüler unterrichten.
Als wir weiterfahren, ist die Straße viele km lang sehr gut. Dann kommt, zum Schluss, 5 km vor dem Sanctuaire, eine Abzweigung. Ab hier ist es nur noch – aus unserer europäischen Perspektive - ziemlich kriminelle Sandstraße mit unglaublich großen Löchern und Rinnen. Für die 5 km brauchen wir ca. eine halbe Stunde und ich habe Blut geschwitzt aus Angst, dass wir in irgendeiner Rinne hängen bleiben.
Doch wir erreichen wir die Wallfahrt für Jaques Berthieu. Er hat hier in der Umgebung von Antananarivo als Jesuitenmissionar gewirkt und wurde zum Märtyrer, weil sich die einheimische Bevölkerung gegen die Missionierung gewehrt hat, anscheinend insbesondere gegen das, was die christlichen Moralvorstellungen hinsichtlich Ehe und Sexualität betrifft. Sein Martyrium bestand darin, dass man ihm die Geschlechtsteile abgeschnitten hat, ihn dann erschossen und seinen Leichnam in einen Fluss geworfen hat.
Zur Erinnerung an ihn haben die Jesuiten begonnen, hier eine große Wallfahrt für ihn einzurichten, ca. ab dem Jahr 2000. Das war ein Riesenprojekt. Es sollte eine große supermoderne Wallfahrtskirche entstehen, 2016 wurde der Grundstein gelegt. Das Modell dieser Kirche kann man leider nur noch auf Fotos anschauen, denn irgendwann kam es zum Baustopp, sodass nur noch ein relativ kleines und ungepflegtes Kirchengebäude übrig ist. Die mehrere Hektare große Außengelände aber ist sehr gut „in Schuss“. Hier kommen sehr wenige Einzelpilger, es sind eher kleine oder größere Gruppen oder ganze Pfarreien. Schon ca. ein km vor der Wallfahrtskirche gibt es ein Denkmal für die Stelle, an der der Heilige entmannt wurde. Dann gibt es direkt an der Kirche ein Denkmal an der Stelle, an der er erschossen wurde (ein kleiner Platz mit Bepflanzung). Von der Kirche aus gibt es einen langen, schön angelegten Pilgerweg in ein Tal hinab zu dem Fluss, in den der Leichnam von Jaques Berthieu nach seiner Ermordung geworfen wurde. Die Stelle ist mit einem großen Steinkreuz markiert und gegenüber liegt ein großer Außenaltar mit vielen hundert Plätzen für große Gottesdienste an dieser Stelle. Vom Flusstal kann man auf einem anderen Weg wieder hinauf gehen, dann kommt man zu einem Sanctuaire, das für alle Heiligen und Seligen Madagaskars errichtet wurde. Ihre Bilder sieht man über dem Außenalter in eine Wand eingelassen. Das sind insgesamt fünf: der hl. Jaques Berthieu (ein Jesuit), die selige Victoire (eine Familienfrau und Apostolin), der selige Jan Bezyme (ein Jesuit), Lucien Botovasoa (ein Laie), der selige Raphael Louis Rafiringa (von den „Frères des ecoles cretienne“ = Christliche Schulbrüder).
Die Seligsprechung der seligen Victoire war übrigens die erste Seligsprechung eines madagassischen Menschen überhaupt durch Johannes Paul II am 30. April 1989. Die anderen vier kamen danach dazu.
Von dieser Andachtsstelle für die madagassischen Seligen und Heiligen aus hat man einen großartigen Überblick über das Flusstal. Von da aus gehen wir wieder zurück zum Zentrum der Wallfahrt. Dort ist das Haus des Wallfahrtsseelsorgers, eines Jesuiten, der aber heute nicht da ist. Und das Gästehaus, das von Karmelitinnen geführt wird. Die Karmelitinnen führen auch einen Laden, in dem man Wallfahrtsandenken kaufen kann. Eine freundliche Karmelitin sperrt uns auf – wir sind ja heute die einzigen Pilger. Das Kloster, der Laden und das Gästehaus (alles, wofür die Karmelitinnen zuständig sind) wirken sehr gepflegt und sauber.
Nun ist es Mittag und wir sind schon einigermaßen müde und hungrig. Der Wallfahrtsweg zu den verschiedenen Andachtsstätten betrug ja insgesamt ca.5 km, sagt uns P. Modeste. Gott sei Dank hat P. Modeste in der Nähe eine leibliche Schwester, Sr. Ernestine, im Kloster der Schwestern von St. Josephe d’Aoste. Sie hat uns zum Mittagessen eingeladen. Der Ort, an dem das Kloster ist, ist auch in der Nähe der Heimat von Sr. Julia, sodass einige Verwandte hier sind, um uns zu begrüßen. Ein Bruder von Sr. Julia hatte hier in der Pfarrkirche vor einigen Monaten seinen Primizgottesdienst. Die Schwestern führen hier eine große Schule und überall laufen die Schüler und Schülerinnen in ihren Schuluniformen herum.
Das Essen, das uns Sr. Ernestine serviert, ist königlich: Zur Vorspeise rohe Karotten und Tomaten (davon nehme ich lieber äußerst wenig) oder gebratene Bananen aus dem eigenen Garten. Dann gibt es Nudeln auf italienische Art, weil Sr. Ernestine lange in Italien war, madagassische Würstchen, Kartoffelpüree, und gekochte Avocados, und Reis natürlich. Zur Nachspeise einen Obstsalat mit Papayas, Mangos, Ananas. Zum Trinken: kaltes und heißes Wasser, Bier in Dosen von THB, selbstgemachten Wein, der in kleinen 0,25l Plastikfläschchen abgefüllt ist.
Sr. Ernestine erzählt uns, dass sie immer auf der Suche nach Familien in Deutschland ist zum Schüler-Austausch für die Schüler*innen, die hier in Madagaskar Deutsch lernen. Ich sage ihr zu, dass ich versuche, Familien zu finden, die bereit sind, eine madagassische Schülerin aufzunehmen. Man könnte ja, so meinte sie, sie auch anstellen für bestimmte Arbeiten im Haus, Garten etc. …
Wir bleiben in Kontakt.
Nach dem Essen zeigt uns Sr. Ernestine den wunderbaren Garten des Konventes, in dem Sie Gemüse, Kräuter, und Zierpflanzen anbauen. Sie haben einen Gärtner für alles. Hier ist auch der Brunnen, an dem die Eimer zum Wasserschöpfen stehen, denn auch hier gibt es kein fließendes Wasser. Auch haben sie hier Hühner und Schweine, Gänse und Enten.