
Samstag, 12. November
Heute haben wir einen etwas ruhigeren Tag und ich beginne schon mal, meine Sachen zu sortieren und die Koffer zu packen.
Sr. Julia hat Sr. Eliane angeboten, heute das Mittagessen zu kochen und Sr. Eliane hat das gern angenommen. So kocht Sr. Julia heute zusammen mit zwei Aspirantinnen. Es gibt zum Reis zerkleinerte Maniokblätter mit Fleischstückchen darunter gemischt und Kartoffelgemüse. Die Blätter des Manioks wurden zuvor in einem Mörser mit zwei langen Stangen von den Aspirantinnen zerstampft.
Sr. Eliane nutzt die Zeit, die sie nicht für die Küche braucht, zum Nähen. Sie und Sr. Zarita nähen für die Aspirantinnen Röcke und Schürzen. Sie haben dafür noch Nähmaschinen, die ohne Strom funktionieren und nicht mit einem Fußpedal, sondern mit einem Handrad angetrieben werden.
Am Nachmittag möchte Sr. Julia noch nach Anjomakely hinein (man braucht etwa eine Viertelstunde), um sich dort noch mit einer Verwandten und einer befreundeten Frau zu treffen. Sr. Zarita und Sr. Eliane gehen zum Markt und begleiten sie, alleine hätte sie sich nicht gehen getraut wegen der Kriminalität hier. Wenn die Leute sehen, dass da eine Schwester ist, die in einer europäischen Kongregation lebt, denken sie: die hat Geld. Und das wird sofort gefährlich, auch am helllichten Tag. Alleine gehen ist nicht angeraten, einen Rucksack sollte man garnicht mithaben, und auch der goldene Ring unserer europäischen Ordenstracht z.B. kann Begehrlichkeiten wecken, sodass man ihn besser nicht in der Öffentlichkeit trägt.
Sonntag, 13. November
Heute ist der Tag unserer Abreise, um 22.00 Uhr abends geht das Flugzeug. Normalerweise wäre heute der Sonntagsgottesdienst in der Pfarrei Anjomakely gewesen und alle vom Orphelinat wären dorthin gegangen. Aber Sr. Elsy hat P. Eduard gebeten, für uns die Messe hier im Orphelinat zu feiern, sodass wir schon um 7 Uhr morgens eine recht fröhliche madagassische Messe zusammen mit den Kindern und der Schwesterngemeinschaft feiern konnten.
In einem bestimmten Turnus essen die Schwestern und Aspirantinnen am Sonntag zusammen mit den Kindern des Orphelinats. Das traf diesen Sonntag und so waren auch wir zu dieser großen Mahlzeit eingeladen. Eine halbe Stunde vor Beginn hatten die Kinder aber noch eine Überraschung für Sr. Julia und mich. Sie waren alle in der Vorhalle der Kapelle versammelt und wollten sich mit Tänzen und einer kleinen Ansprache von uns verabschieden. Die verschiedenen Altersgruppen tanzten jeweils einen Tanz für uns (erst die Kleinen, dann die Mittleren, dann die Jugendlichen, dann die Aspirantinnen des Klosters, und dann die zwei Mädchen, die inzwischen Studentinnen an der Uni sind). Die zwei allerkleinsten der Waisenkinder überreichten uns jeweils einen Schal als Geschenk.
Anschließend wurde das Essen am Buffet ausgegeben und alle saßen wie gewohnt auf dem Boden. Für mich und Sr. Julia wurde aber extra ein Tisch mit Bänken aufgebaut und Sr. Elsy und eine Mitarbeiterin des Orphelinats aßen mit uns am Tisch. Als Dessert gab es neben die Bananen aus dem Garten auch die Schokolade, die wir mitgebracht hatten. Schokolade schmeckt ja den Kindern besonders gut und die ist hier sehr selten.
Es war ein sehr schöner, herzlicher Abschied nach unseren zwei Wochen hier.
Um 14 Uhr holte uns P. Lambert ab und wir fuhren mit ihm nach Antananarivo hinein (am Sonntag nur mit ganz minimalem Stau). Er wollte uns noch seinen Arbeitsplatz, die private Katholische Universität von Antananarivo zeigen, an der er der Vize-Direktor ist. Das sehr gepflegte Universitätsgelände liegt auf einem Hügel und man sieht schön auf die Stadt hinunter. Etwa 3900 Studenten und Studentinnen studieren hier Theologie, Philosophie, Management, Kommunikationswissenschaften, Tourismus, Psychologie, Politikwissenschaft, Recht, Wirtschaft, Verwaltung.
Man sieht von hier aus auch hinunter auf das „Grand Seminaire“, das große Priesterseminar, in dem ca. 300 Priesteramtskandidaten aus sechs Diözesen Madagaskars zur Ausbildung leben und studieren. Dort war P. Lambert einige Jahre Studienleiter. Nicht mal hundert Meter daneben ist das große Seminar der Jesuiten. Die haben ihre eigene theologische Ausbildung. Nur zu den Philosophievorlesungen kommen sie hierher an die Uni. Es gibt hier auch eine relativ große Universitätskapelle. Hier ist jeden Mittag eine Messe, an der etwa 40 – 60 Studenten teilnehmen.
Nach der kleinen Besichtigung der Kath. Universität bringt uns P. Lambert in die Stadt hinunter zu P. Jerome. Er ist Pfarrer in einem der ärmsten Stadtviertel von Tana. Die Straßen hin zu seinem Pfarrhaus sind total verstopft mit Leuten, weil hier heute Markttag ist. An den Straßenrändern und zum Teil in den Straßen haben die Leute ihre Marktstände aufgebaut und auch oft einfach nur auf der Straße ausgelegt. Aber wir schaffen es durch das Gewühl hindurch schließlich bis zur Pfarrkirche mit Pfarrhaus. Hier wartet P. Jerome schon auf uns und mit ihm ein P. Thierry, der Sr. Julia begrüßen möchte, die er von früher her kennt. Auch P. Clovis, der wie P. Jerome schon in Bellemagny war und jetzt hier in der Pfarrei mitarbeitet, ist da und der junge Vikar, der auch zum Pfarrteam gehört. Die drei haben eine Köchin, die ein köstliches Abendessen für uns zubereitet hat. P. Jerome und P. Clovis bringen uns dann zum Flughafen, das ist ja doch noch fast eine Stunde Fahrzeit und wir verabschieden uns beim Einchecken von den beiden und damit auch von Madagaskar.
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