Es geht weiter mit dem Reisebericht aus Madagaskar von Priorin M. Helene Binder:
SAMSTAG, 21. OKTOBER 2023
Morgens gleich nach dem Frühstück sind Sr. Julia und Sr. Fabienne aufgebrochen zur Eierauslieferung an die Universität (300 Eier) und einige hundert an die Schwester von Sr. Fabienne, die die Eier weiterverkauft.
M. Mirjam und ich haben uns dann nach der Anbetung den ganzen Vormittag damit „amüsiert“, den neugekauften Drucker für unsere beiden Schwestern zu installieren. Das war einigermaßen schwierig, weil die Gebrauchsanweisung tatsächlich nur in chinesischer Sprache war. Aber wir haben uns an den Bildern orientiert und es schließlich geschafft (samt Download des Treibers und der Software per Internet bei den Brüdern). Er funktioniert jetzt und M. Mirjam konnte schon die Listen für die Delegiertenwahl für das Provinzkapitel nächstes Jahr in Frankreich ausdrucken. An dieser Wahl sollen auch Sr. Julia und Sr. Fabienne teilnehmen, sie sind ja Mitglieder der Französischen Provinz.
Mittags kam P. Lambert, der neue Rektor der Katholischen Universität in Tana, zum Essen. Er hatte unseren Schwestern sehr beim Autokauf geholfen, dafür haben ich ihm zum Dank ein Geschenk überreicht.
Zunächst feierten wir mit ihm in unserer kleinen Kapelle Eucharistie. Dann haben unsere beiden Schwestern köstlich aufgetischt: es gab Fisch (wie hier üblich noch mit allen Gräten drin, das war einige „Arbeit“), Reis, Kartoffeln und Blumenkohl. Der Blumenkohl hat hier in Madagaskar auch politische Bedeutung, weil sich die zusammengeschlossenen Oppositionsparteien der bevorstehenden Präsidentenwahl den Namen „Blumenkohl“ gegeben haben. Es sind dreizehn Einzel-Parteien, die nun eine Opposition sind. Wie es weitergehen kann, wenn sie tatsächlich gewinnen sollten, weiß noch niemand.
Beim Essen sprachen wir mit P. Lambert über die Präsidentschaftswahl. Der erst Wahldurchgang ist in einer Woche, aber P. Lambert hat noch keine Wahlbenachrichtigung erhalten, auch unsere Schwestern nicht. Er sagte, das sei typisch für Madagaskar. Nur wenig funktioniert richtig und fast alles ist korrupt. Als Beispiel erzählte er den Erhalt der Baugenehmigung für ein von seinem Vorgänger und dann von ihm als Rektor neu errichtetes Universitätsgebäude. Letzte Woche hat er die Baugenehmigung erhalten – seit einigen Monaten finden schon Vorlesungen in dem Gebäude statt. Der Überbringer wollte Geld in bar, und erzählte noch, er müsse so viel verlangen, weil sie ja schließlich zwei Jahre lang an der Baugenehmigung gearbeitet hätten…
Wir sprachen mit P. Lambert auch über das Grundstück in Anjomakely, das wir kaufen wollen. Er riet uns zur Vorsicht, gerade auch, weil wir ja Ausländer sind. Diesen gegenüber haben die Madagassen ein ein- bzw. ausnehmendes Wesen, d.h. sie wollen von ihnen soviel herausholen, wie es geht. Zudem ist ja die Korruption überall gegenwärtig, auch in den Ämtern und in der Verwaltung. Nur mit Geldgeschenken geht es richtig schnell vorwärts. Das allerwichtigste ist ein redlicher, zu uns haltender, möglichst nicht korrupter Notar. Auch in Madagaskar bestimmt der Käufer den Notar. P. Lambert versprach, sich bei einem guten Freund von ihm zu erkundigen, mit dem er in Universitätsangelegenheiten schon viel zusammengearbeitet hat. Er wird sich die kommende Woche noch bei uns melden.
Nach dem Essen besichtigte er das Grundstück. Als er es sah, meinte er, es sei ein sehr gutes Grundstück, und wir sollten es so schnell wie möglich kaufen damit uns nicht evtl. ein anderer Käufer zuvorkommt.
MONTAG, 23. OKTOBER 2023
Heute Morgen brachen wir nach dem Frühstück auf zu einem Besuch des Benediktinerpriorats Mahitsy nord-westlich von Antananarivo. Zuvor aber wollte die Schwestern noch zu einer Druckerei in der Stadt fahren und dort die restlichen Bücher für das Offizium abholen, die sie dort herstellen ließen. Die Druckerei hat die Bücher des Französischen Offiziums, wie es in Bellemagny und Dijon gesungen wird, kopiert und in Ringbücher gebunden. Einige Bände waren schon fertig, als M. Mirjam und ich hier in Madagaskar eingetroffen sind. Die restlichen wollten wir heute abholen.
Wie üblich standen wir im Stau, so ca. eine Stunde, bis wir an der Druckerei ankamen. Dort stellt sich heraus, dass die Bücher noch nicht fertig sind. Wir mussten uns also unverrichteter Dinge, wieder so ca. eine Stunde im Stau, aus Antananarivo hinaus Richtung Mahitsy begeben.
Die Stadt Mahitsy liegt ca. 30 km nord-westlich von Tana, und teilweise kann man auf der gut erhaltenen Route National 4 relativ zügig fahren. Mahitsy ist die Heimatstadt von Sr. Julia, hier wohnt ihre Mutter und einige ihrer Geschwister mit ihren Familien, und auch Sr. Fabienne hat einige Verwandte hier. Wir durchqueren die Stadtmitte und fahren stadtauswärts auf einer sehr breiten, fast neuen, von den Chinesen gebauten Straße bergauf. Es ist die sogenannte „Rue des oeufs“, „Straße der Eier“, weil es an ihr entlang riesige Hühnerfarmen mit tausenden von Hühnern gibt. Die Hühnerzucht wurde den Menschen von Mahitsy von den Mönchen des Priorats beigebracht. Jetzt werden diese großen „Hühnerfabriken“ von weltlichen Privatpersonen betrieben.
Nach einigen Kilometern bergauf auf der komfortablen „Chinesenstraße“ nehmen wir eine Abbiegung nach links. Das ist nun ein ziemlich schwer zu befahrendendes schmales Sträßlein durch den Bergwald. Sogar die gute Chauffeurin Sr. Julia tut sich schwer, die großen Löcher und Rinnen nah am Abhang des Berges zu umfahren. Aber wir schaffen es und kommen an der Abtei an.
Das Benediktinerkloster Mahitsy wurde von der französischen Abtei La-pierre-qui-vivre 1954 gegründet und erbaut. Es ist die einzige Benediktiner-Gemeinschaft von Männern in Madagaskar, benediktinische Frauenabteien gibt es mehrere. Z.B. gibt es vier Kommunitäten der "Benediktinerinnen von der Charite" (sie führen eine Schule) am Fuße des Berges am Stadtrand von Mahitsy. Zisterziensische Männerabteien gibt es mehrere in Madagaskar, z.B. die Trappisten von Maromby.
Als wir das Priorat Mahitsy heute besuchten, war gerade hier gerade eine Fortbildung in monastischer Spiritualität („FTIM“) für die jüngeren Mitglieder der benediktinischen Gemeinschaften in Madagaskar. Wir kamen gegen Ende der Mittagshore an und sahen sie noch alle aus der Kirche ausziehen.
Nach der Mittagshore begrüßten uns der Prior der Abtei P. Luc-Ange und P. Epiphane. Das Kloster Mahitsy ist noch immer ein Priorat der Abtei La-Pierre-qui-vivre und hat daher keinen Abt. Sie führten uns in ein kleines Gästeempfangszimmer, in dem schon das Mittagessen für uns auf dem Tisch stand: Salat, Reis, Erbsen mit Fleisch, Brot, und warmes Reiswasser. Die beiden Mönche verließen uns und aßen mit ihrer Gemeinschaft.
Zurzeit leben hier 26 Mönche und ein Eremit. Die Mönche haben eine Landwirtschaft, bauen u.a. Mais und Maniok an. Sie leben aber hauptsächlich von einer großen Hühnerzucht: Sie haben über 4000 Hühner, von denen sie ca. 1000 im Käfig halten. Die anderen haben sie in „Bodenhaltung“, d. h. die Hühner können frei im Stall herumlaufen. Sie rechnen ca. acht Hühner auf einen Quadratmeter.
P. Epiphane führte uns nach dem Mittagessen über das Gelände. Wir sahen uns die Ställe für die Hühner an, und sahen auch von weitem den Kuhstall mit 4 Kühen.
Als wir nach der Wasserversorgung fragten, erzählte er uns, dass es hier auf dem Berg zwei Quellen gibt: eine heißt St. Josephe, die andere St. Benoit. Sie geben bisher immer genügend Wasser für die Mönche, für die Hühner und auch für die Gäste. Manchmal, wenn es gar nicht regnet müssen sie schon etwas haushalten, aber bisher geht es immer. Sie merken aber auch hier den Klimawandel…
Dann führte er uns auch durch das Kloster. Vom Kreuzgang aus konnten wir einen Blick ins Refektorium und in den Kapitelsaal werfen, und auch die wunderbare Aussicht genießen, die man von hier oben kilometerweit über das Land hat. Rechtzeitig zur Non kamen wir an der Kirche an und wir schlossen uns dem Gebet der Mönche an. Alles wurde in madagassischer Sprache gesungen, mehrstimmig und sehr stimmungsvoll anrührend. Anschließend waren wir uns einig, dass unsere Schwestern dieses Offizium lernen und übernehmen sollten. Hier gibt es ja schon die Bücher dafür und man kann es sich gut von den Mönchen beibringen lassen.
Im kleinen Klosterladen kaufen Sr. Julia und Sr. Fabienne Regelauslegungen für Einkehrtage in malagasy. Auch die Erzählungen der Wüstenväter zweisprachig (in Französisch und Malagasy). Auch ein von den Mönchen aus Kräutern selbst hergestelltes Öl, dass für alles hilft, äußerlich und innerlich.
Auf der Rückfahrt besuchten wir kurz die Familie von Sr. Julia. Ihre Mutter und zwei ihrer Brüder nahmen uns in Empfang, später kam auch die Ehefrau eines Bruders mit ihrem zuletzt geborenen Sohn dazu. Wir plauderten allerdings nur kurz und machten ein paar Fotos.
Auf der Rückfahrt kamen wir wieder in den obligatorischen Stau auch im Radgebiet von Tana und auf der Straße nach Anjomakely (bei jedem Kreisverkehr), sodass wir wieder etwa zwei Stunden bis zum Orphelinat brauchten. Spätnachmittags gab es ein Gewitter mit viel Regen, dass mit häufigen Abschwächungen dazwischen bis ca. acht Uhr abends anhielt.
Bernadette war heute den ganzen Tag schon im Häusschen der Schwestern und hatte die Hühner versorgt. Für uns hatte sie schon zum Abendessen Kartoffeln gekocht. Wie gut, dann wir kamen ziemlich hungrig und erschöpft zuhause an.
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